Der Biber im Reichenbachtal zwischen Ammerstetten und Staig

Eng an die Weiden angepasst, lebt der Biber, Deutschlands größtes Nagetier. Seine Hauptnahrung ist die Rinde von Weichlaubhölzern, allen voran die von Weiden.

Die rohfaserreiche, energetisch aber wenig ergiebige Rinde kann der Biber mittels besonderer Bakterien im Blinddarm aufschließen [Hoover u. Clarke 1972]. Dieser bakterieneiweißreiche Vitaminkot wird ausgeschieden und erneut zur Verdauung aufgenommen [Tevis 1950]. Dadurch gelingt es ihm auch aus proteinarmer Nahrung in Zeiten des Nahrungsmangels seinen Eiweißbedarf zu decken. Die geschälten Astabschnitte dienen wiederum als Baumaterial für seine Dämme und Burgen.

Aber auch die Weide profitiert von der Aktivität des Bibers. Seine Kahlhiebe im Ufersaum schaffen ein Freiflächenklima, wodurch Halbschatt- und Schattbaumarten sich nicht so erfolgreich verjüngen. Lichtliebende Nahrungspflanzen wie die Weiden profitierten davon.


Biber und Weiden

Der Lebensraum der Weide überschneidet sich, nach Dr. Volker Zahner von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, mit dem des Bibers. In den meisten Fällen legt er seine Wohnburgen im Wasser in der Nähe von Weidengebüschen oder Pappelkulturen an. Der Ufersaum mit seinen Weichlaubhölzern dient ihm als Nahrungsquelle, wobei Weiden und Pappeln eindeutig bevorzugt werden. Um an seine Nahrung, die Rinde und das Kambium der Bäume, heranzukommen fällt er Bäume bis zu Durchmessern von über 1 Meter, wobei 90% der Fällungen 20 Meter vom Gewässerrand erfolgen. Wird die Nahrung knapp, legt er Dämme an um das Wasser zu stauen, um so schwimmend zu den Nahrungsquellen zu gelangen.

In diesem Uferbereich werden aber auch Bäume, wie z.B. die Fichte, regelrecht beseitigt um Nahrungsbäumen wie der Weide, die er in den ersten zwei bis drei Jahre, aufgrund des hohen Anteils an Bitterstoffen und Salicins der Jungtriebe nicht nutzt, Platz zum Wachstum und zur Regeneration zu schaffen.

Der Biber hat einen Blinddarmsack, das Zeckum, in dem er das bittere, wenig nährstoffreiche und relativ schwer verdauliche Rindenmaterial mit Hilfe von Bakterien, den sogenannten Indussymbionten, aufbereitet und in leicht verdauliche Eiweiße umgewandelt.

Biber sind darauf bedacht, ihr Revier möglichst zu halten und markieren ihre Reviere mit Castoroil, das in einer Drüse unter dem Schwanz produziert wird. Das Castoroil weist einen sehr hohen Salicylgehalt auf und wird von der Kosmetikindustrie als Duftstoff verwendet. Verläßt ein Biber seinen Bau zieht er mindestens 4 km weiter. Es kommt aber auch vor, daß er über 200 km weit zieht, auch über Wasserscheiden hinweg.

Die Biber bringen wieder eine Dynamik in die Auen, die aufgrund der fehlenden Hochwässer nicht mehr vorhanden ist. Durch den Dammbau werden die Gewässer vielgestaltiger, mit nährstoffreichen und nährstoffarmen Bereichen. Davon wiederum profitieren neben vielen Fischarten auch der Fischotter und die Relikte der alten Auwälder mit den Weiden. Womit sich der Kreislauf schließt.

Der Biber beseitigt im Uferbereich regelrecht Bäume, wie z.B. die Fichte, um Nahrungsbäumen wie der Weide Platz zum Wachstum und zur Regeneration zu schaffen



Biber am Reichenbach

 (20.12.2016)

Seit einiger Zeit hat sich die Situation am Reichenbach, was den Biber anbetrifft, ziemlich entspannt.

Die ansässigen Biber haben ihr Revier vergrößert. Dadurch ist die Individuenzahl am Reichenbach insgesamt erheblich zurückgegangen ist, da vermutlich nur noch eine Familie dort aktiv ist. Das bedeutet, dass an den Sträuchern ganz wenig Verbiss stattfindet. Außerdem herrscht nur geringe Bautätigkeit. So hat sich das Gebiet rechts und links des Reichenbach kaum mehr verändert.

Der Damm in der Mitte zwischen Staig und Weinstetten am Waldrand wurde im Jahr 2016 vom Hochwasser weggerissen, er wurde noch nicht nachgebaut. Die staatlichen und kommunalen Flächen an diese Stellen haben sich als Biberweisen weiterhin erhalten, d.h. dass eine Nasswiesenflora mit Binsen, teils mit Schilf, Storchschnäbeln, Weidenröschen, Schlangenknöterich, Sumpfdotterblumen ( siehe Bild) usw. sich eingestellt usw. Private Wiesenflächen werden nicht berührt. Die dort angepflanzten Silberweiden gedeihen gut. Durch die Tätigkeit des Bibers hat sich auch der Lauf des Reichenbachs etwas verändert.

Dieses Gebiet zwischen Feldweg und unterem Reichenbach wird wohl als Biberland erhalten bleiben und durch eine natürliche Sukzession geprägt sein.



Der Biberberater informiert

13. April 2010

Im Falle eines Problems mit dem Biber kann man sich an den Biberberater Manfred Schaumann wenden (Tel. 07346/2615). Er wurde nach gründlicher Ausbildung für das Gebiet südlicher Alb-Donaukreis von der unteren Naturschutzbehörde eingesetzt.

Seine Arbeit ist ehrenamtlich. Er erarbeitet Lösungen, bei denen soweit wie möglich gemeinsam die Interessen des Betroffenen und die Gesetze des Naturschutzes gewahrt bleiben. So konnte am Dienstag im Reichenbachtal zusammen mit dem Bauhof im Damm unterhalb des Rohrdurchgangs bei der Fischzuchtanlage eine Dammdrainage eingebaut werden, um das Wiederablassen eines Fischteichs zu ermöglichen.

Wie weit der Biber damit einverstanden ist und wie er darauf reagiert, ist immer schwer vorauszusagen. Wenn es gelingt, trotz Drainage die Eingänge der Biber-Fluchtröhren unter dem verbleibenden Wasserspiegel zu halten, ist die Chance groß, dass der Biber sich mit den Maßnahmen abfindet. Es droht aber immer die Gefahr, dass der Biber bei solchen Maßnahmen an anderer Stelle neu baut und dadurch vielleicht noch größere Probleme entstehen. Deshalb ist immer großer Sachverstand von Nöten.

 


Manfred Schaumann weiter als Biberberater für den südlichen Alb-Donaukreis tätig

19. Februar 2010

Für die ehrenamtliche Tätigkeit als Biberberater konnten wir wieder Manfred Schaumann aus Staig gewinnen. Er ist Biologe und im Konflikt- und Bibermanagement ausgebildet.

Der Biber hat nach 150 Jahren wieder seine alte Heimat zurückerobert, in der er Jahrhunderte vorher gelebt hat. Der Mensch aber hat in der“ biberlosen“ Zeit die Landschaft stark verändert und seinen eigenen Bedürfnissen angepasst . So kann es heute immer wieder zu Konflikten kommen.

Der Biber selbst will jetzt die Landschaft wieder nach seinen Vorstellungen gestalten. Er baut Dämme und verwandelt somit oft Bäche in Ketten kleinerer Stauseen . Dabei stehen er und seine Bauten streng unter Naturschutz.

Die Aufgabe des Biberberaters ist es nun, Möglichkeiten oder Kompromisse zu suchen, so dass einerseits der Anlieger entlastet wird und andererseits der Biber in seinem Lebensraum weiterhin bleiben kann.

Wenden Sie sich im Bedarfsfall persönlich an Herrn Schaumann, ( Tel 07346/2615 ) er ist in dieser Angelegenheit der erste Ansprechpartner.


Instinkt ohne Vernunft, oder darf der Biber Bäume fällen?

17. Dezember 2009

Zugegeben, manchmal bleibt einem schier die Spucke weg, wenn der Biber mal wieder einen großem Baum gefällt hat, zumal in unserer heutigen Zeit des Klimawandels jeder Baum wichtig ist.

Der Biber weiß allerdings nichts von den von Menschen verursachten Umweltproblemen, denn in der langen Entwicklungsgeschichte des Biberinstinkts über zehntausende von Jahren hinweg hat der Biber für die modernen Probleme keine Informationen. Schnell könnte man daraus schließen, dass er dann nicht mehr in unsere Zeit passt. Um das zu beurteilen, müssen wir unseren Verstand einschalten.

Wir können dann erkennen, dass in der langen Entwicklungsgeschichte der Natur der Biber die wichtige Aufgabe hatte, besonders an Flüssen die Landschaft so mitzugestalten, dass unter anderem möglichst viele verschiedene Lebensräume für andere Tiere und Pflanzen entstehen. Und dazu gehörte auch das Fällen von Bäumen, damit wieder Strauchwerk Platz bekommt.

Er sorgt also durch seine Tätigkeit, dass ruhigere Wasserflächen entstehen, dass zu schnelle Bäche gebremst werden, um der Erosion Einhalt zu gebieten, dass sich das Strauchwerk verjüngt, so wie wir es heute bei der Heckenpflege nachmachen. Er ist also Mitgestalter der Natur, indem er seine im Instinkt gespeicherten Aufgaben erfüllt. Und dazu gehört auch der Teil seines Instinkts mal Bäume zu fällen, um auf lange Sicht eine artenreiche Natur zu erhalten. Denn die meisten Bäume, die dem Biber nicht behagen, sind vom Mensch gesetzt, oft an falscher Stelle oder haben sich selbst Platz geschaffen in der vom Mensch veränderten Landschaft und können so also auf lange Sicht gesehen dem Naturgeschehen im Wege stehen.

Der Mensch fällt Bäume aus anderen Gründen, z.B. um eine Straße zu bauen, um einer Fabrik Platz zu machen oder weil ein Baum Laub abwirft. Im Gegensatz zur Bibertätigkeit fördern solche Maßnahmen nicht die Natur, sie tragen dagegen zur Klimaveränderung bei, sie schaffen keine neuen Lebensräume und sind oft zerstörerisch, da durch den Wegfall der Baumbiotope für die vertriebenen Lebewesen kein Ersatz geschaffen wird. Auch ein neu gesetzter junger Baum kann einen alten, großen lange nicht ersetzen.Nun können wir mit unserem Verstand die Bibertätigkeiten nachvollziehen und verstehen was letztendlich seine Aufgabe ist.

Es ist aber nicht schwierig, Bäume, die unserer Meinung nach wichtig sind, zu retten. Und das geht ganz einfach. Wir versehen die Bäume, die wir erhalten wollen, mit Drahthosen und schon weiß der Biber Bescheid, der Baum wird nicht angenagt! Das wurde hier schon oft mit Erfolg praktiziert.

Also, Bibers Instinkt und des Menschen Vernunft passen oft zum Wohle unserer modernen Umwelt zusammen.


Der Biber baut Staudämme mitten im Tal ! Darf er das?

17. Dezember 2009
Bei der Führung durch unser Reichenbachtal konnten die zahlreichen Teilnehmer Erstaunliches über den Biber erfahren und seine Spuren beobachten. Die Staudämme und die dahinter sich bildenden Seen machten großen Eindruck. Was bedeuten sie für das Tal? Da muss zuerst gesagt werden, dass sich die Wasseransammlungen alle auf gemeindeeigenem oder staatlichem Grund befinden, also auf Geländestücken, die extra für den Naturschutz bei der damaligen Flurbereinigung als Wasserschutzstreifen aufgekauft wurden. Damals gab es schon die Überlegung:

Wie kann man den begradigten, scharf eingeschnittenen Reichenbach zähmen, um die Erosion zu stoppen.

 

Diese Aufgabe macht jetzt der Biber gratis und verhindert, dass der Boden in die Iller und Donau verschwindet.

Gleichzeitig wirken die Staustufen wie Klärteiche, in denen die Schadstoffe ausfallen und das Wasser dadurch eine höhere Güte erlangt. Die Wassermassen werden bei Hochwasser gebremst, worüber sich die Anlieger weiter unten liegender Siedlungen freuen, weil dadurch die Hochwassersituation entschärft wird. Diese Wirkung ist von der Regierung wohl gewollt, weil damit schon im Oberlauf der Flüsse Hochwasserschutz erreicht wird.

Jetzt schon kann man beobachten, wie viele Tiere und Pflanzen der Bibertätigkeit folgen. Das Tal belebt sich! Graureiher, Silberreiher Weißstorch werden angezogen, die Enten bringen Laich verschiedener Fischarten ins Gewässer, in den ruhigeren Stellen finden Amphibien Heimat, die gebänderte Prachtlibelle lässt ihre glänzenden Flügel leuchten usw.

Ein ganzes Heer von Tierarten folgt, darunter auch einige gefährdete Arten gefährdet die hier neuen Lebensraum bekommen. Also eine tolle Entwicklung! Und wo Probleme in privatem Gelände auftreten, wurden bisher immer Lösungen gefunden – zu aller Zufriedenheit.

 

Weit und breit findet der Biber keine so günstigen Verhältnisse zum Leben wie hier, weil er ein extra dafür vorgesehenes – in Besitz der

öffentlichen Hand sich befindendes - Areal bewohnen kann. So kann das Reichenbachtal als Modell für ein

wiederbelebtes Wiesental gelten, in dem Weidetiere und Biber für die Erhaltung des offenen Charakters des

Tales sorgen.